Damit disquotale (inkongruente) Gewinnausschüttungen steuerrechtlich anerkannt werden, gilt es einige Voraussetzungen einzuhalten. Im Folgenden wird ein grober Überblick über die derzeitige (Stand 12/2017) Situation aufgeführt.
Von einer disquotalen oder auch inkongruenten Gewinnausschüttung wird gesprochen, wenn die Ausschüttung von der prozentualen Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft abweicht. Dies kann zum Beispiel sinnvoll sein, um außerordentliche Leistungen von einzelnen Gesellschaftern für die Gesellschaft abzugelten.
1. Gewinnverteilung nach der Satzung
Im Grundsatz erfolgt bei einer GmbH die Gewinnausschüttung gemäß § 29 Abs. 3 S. 1 GmbH nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Nach § 29 Abs. 3 S. 2 GmbH kann jedoch im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab für die Verteilung festgelegt werden.
Optional kann im Gesellschaftsvertrag auch geregelt werden, dass mittels eines Gesellschafterbeschlusses eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann (sogenannte Öffnungsklausel).
Sofern die Satzung der GmbH keine abweichende Gewinnverteilungsregelung enthält, kann diese durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags aufgenommen werden. Grundsätzlich ist hierzu eine 3/4-Mehrheit der Gesellschaftsversammlung nötig und die betroffenen Gesellschafter müssen zustimmen. Die Änderung der Satzung bedarf der notariellen Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister (§§ 53 Abs. 2, 54 Abs. 1 GmbHG). Die Änderung wird wirksam mit Eintragung ins Handelsregister.
2. Steuerliche Anerkennung der inkongruenten Gewinnausschüttung
Für die steuerliche Anerkennung ist Voraussetzung, dass die disquotale Gewinnausschüttung zivilrechtlich wirksam ist, vgl. hierzu die Ausführungen zu Punkt 1.
Weitere Voraussetzung ist, dass bei der inkongruenten Gewinnausschüttung nicht von einem Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO auszugehen ist.
Nach Ansicht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) ist für eine GmbH von einer steuerlich anzuerkennenden disquotalen Gewinnausschüttung auszugehen, wenn die Satzung bereits eine disquotale Gewinnausschüttung vorsieht oder die Öffnungsklausel enthält und die Gesellschafter hierauf beruhend einen entsprechenden Beschluss vorgenommen haben (mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter).
3. Keine steuerliche Anerkennung bei Missbrauch iSv. § 42 AO
Das BMF geht von einem steuerlich nicht anzuerkennenden Missbrauch im Sinne von § 42 AO aus, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die bei dem Steuerpflichtigen oder bei einem Dritten zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen steuerlichen Vorteil führt.
Aus Sicht der Finanverwaltung könnte dies dann gegeben sein, wenn die Gewinnverteilungsabreden jeweils nur kurz gelten oder wiederholt geändert werden, was insbesondere bei der Öffnungsklausel der Fall sein könnte.
Dies gilt allerdings nicht, wenn außersteuerliche(!) Gründe für die abweichende Gewinnverteilung vorliegen – also vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden können.
4. Folgen der Aberkennung der disquotalen Ausschüttung und Schenkungsteuerrisiko
Erfolgt eine disquotale Gewinnausschüttung entsprechend Satzung oder Gesellschafterbeschluss (Öffnungsklausel) und wird dieser vom Finanzamt steuerlich nicht anerkannt, so sind die steuerlichen Folgen derzeit nicht geklärt und ungewiss. Eine genaue Prüfung der Risiken ist in diesen Fällen nötig. Steuerlicher Rat ist unbedingt hinzuzuziehen.
Derzeit ungeklärt ist, inwieweit bei inkongruenten Gewinnausschüttungen schenkungsteuerliche Risiken bestehen. In einschlägigen Fällen sollte das Vorgehen mit dem Steuerberater abgestimmt werden.